Valparaiso - die bunte Stadt am Meer

Nachdem wir noch einige Tage in Cordoba und Mendoza verbracht haben, zieht es uns nun weiter von Argentinien nach Chile. Unser Ziel heißt Valparaiso. 

 

Ein paar Fakten: Chile ist der schmale Streifen an der Pazifikküste im Südwesten Amerikas. Im Osten trennen die gewaltigen Anden das Land von  Argentinien Im Norden grenzt Chile an Peru und im Nordosten an Bolivien. Chile ist  etwa 4000 km lang. Wenn mann das Land waagerecht auf eine Europakarte legen würde, würde es von Lissabon bis Moskau reichen, ist aber nur 180 km breit. 

 

Wieder einmal haben wir uns für den Bus entschieden. Die Überlandbusse sind sehr komfortabel, man hat sehr viel Platz und Beinfreiheit und kann  bei Bedarf fast eine Liegeposition einnehmen. Und für ein wenig Privatsphäre gibt es dann auch noch einen Vorhang zwischen den Sitzen.

 

Zwischen Mendoza und Valparaiso liegen nur rund 400 km,  aber die Anden müssen  bezwungen werden und so führt  unsere Fahrt  über den alten Andenhochpass. Der Bus kämpft sich bis auf 3.550 m hoch, vorbei an die von dunklen Abgaswolken umgebenen LKW´s. Die Straßen sind aber sehr gut ausgebaut und wir haben keine Sorge, aus eine der vielen Kurven herausgetragen zu werden. Vielmehr ist die Fahrt ein Erlebnis. Die Landschaft verändert sich, Berge werden höher und höher, schließlich befinden wir uns im Skigebiet der Chilenen. Aber jetzt ist hier Sommer, es ist nur vereinzelt Schnee zu sehen. 

 

Die Zollformalitäten sind schnell erledigt. Ausreise Argentinien, Gepäck durchleuchten und Einreise in Chile. Dann gehts weiter in vierzehn Haarnadelkurven immer steil bergab. Die zahlreichen Motorradfahrer haben sicherlich viel Spass an dieser Strecke.

 

Wo liegt Valparaiso?

Valparaiso ist eine alte Hafenstadt an der Pazifikküste, die auf mehr als vierzig Hügeln angelegt ist und in der es mehr Treppen als Straßen gibt, etwa 120 km von der Hauptstadt Santiago de Chile entfernt. 

 

Am späten Nachmittag kommen wir am Busterminal in Valparaiso an. Ein unangenehmer Geruch von Straßenabfällen und Hundekot dringt einem in die Nase. Merkwürdige Gestalten tummeln sich dort herum. Der Ort lädt nicht dazu ein, sich dort länger als notwendig aufzuhalten. Andererseits sind Busstationen und Bahnhöfe nie geeignete Orte, dort länger zu verweilen. Schnell suchen wir uns ein Taxi, um zu unserer Unterkunft zu kommen, die uns dann aber schnell  begeistert. Das beruhigt uns ein wenig. 

Am frühen Abend machen wir uns dann auf die Suche nach einem Restaurant in der Nähe unserer Unterkunft. Aber auch die nahe Umgebung ist nicht gerade das, was wir uns vorgestellt haben. Aber positiv denken - am nächsten Tag sieht hoffentlich alles ein wenig freundlicher aus. Das wird es dann auch tatsächlich.

 

Die Stadt  blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Der Hafen  gehörte lange Zeit neben San Francisco zu den wichtigsten Häfen an der Westküste Amerikas. Es war der Ankerplatz aller Schiffe, die um das Kap Hoorn oder durch die Magellanstraße fuhren.  Wichtige Exportprodukte wie Weizen, Kupfer und Salpeter wurden von hier verschifft. Diese Zeit hat Valparaíso geprägt. Die Stadt war sehr reich und hatte viele Einwanderer - überwiegend aus Europa - angezogen. In Valparaíso wurde die erste Börse Chiles gegründet. Doch im Jahre 1906 zerstörte ein Erdbeben große Teile der Stadt. Durch die  Eröffnung des Panama-Kanals verlor der Hafen seine Machtstellung als bedeutendster Umschlagplatz für Handelsschiffe. Im September 1973 wurde die Stadt zum Schauplatz des Militärputsches durch Augusto Pinochet.

 

Die meisten Häuser sind mit Wellblech verkleidet – ein Material, das früher als Schiffsballast den Weg in die Stadt fand und das von den Bewohnern mit irgendeiner, übrig gebliebener Schiffsfarbe gestrichen wurde. Es gibt keine Ordnung, irgendwo hat irgendwer irgendwas gebaut. Und das immer höher,  die Hügel wurden immer steiler. Um den auf den Hügel wohnenden Leuten den  Zugang zu allen wichtigen Einrichtungen zu gewährleisten, wurden Standseilbahnen, sog. Ascensores  errichtet,  die erste 1883. Heute sind noch etwa fünf der wackligen Holzkabinen in Betrieb. Und die, die noch da sind, sind eine Touristenattraktion. Es fehlt das Geld für die notwendige Instandsetzung. Das bedeutet immer wieder Treppensteigen. Um zu unserer Unterkunft zu kommen, müssen über 200 Stufen bewältigt werden - und das natürlich mehrmals am Tag.  

 

Schlendert man durch die Gassen von Valparaíso, so entdeckt man fast an jeder Ecke ein neues Graffiti. Street-Art prangt auf Häuserfassaden, auf Treppen, Dächern, Straßenlaternen und Mauern. Gerade die Malereien sind es, die eine besondere Geschichte erzählen. Ursprung der Graffiti-Kunst war eine Bewegung von Kunststudenten Ende der 1960er Jahre. Die Idee war es, in verschiedenen Teilen der Stadt die Hauswände mit stilvoller Street Art zu verzieren und so gegen hässliche Schmierereien vorzugehen. Während der Militärdiktatur in Chile wurden solche Bewegungen verboten. In diesen Zeiten war Graffiti-Kunst vor allem auch Zeichen des Widerstands gegen die Regierung. Heute entstehen die meisten Graffitis mit Erlaubnis oder gar auf Wunsch der Stadt beziehungsweise der Hausbesitzer. Sie sind lange nicht mehr Ausdruck von Unzufriedenheit, sondern vor allem auch von Lebensfreude und Jugend. Es gib fast nirgendwo ein Haus, das sich nicht mit einem Graffiti schmückt. 


Seitdem die UNESCO dieses Gewirr an engen steilen Gassen, bunten Häusern, haushohen Graffiti-Gemälden und Hafenatmosphäre im Jahr 2003 zum Weltkulturerbe erklärt hat, hat ein Boom eingesetzt. Auch die Kreuzfahrtschiffe machen hier halt. 

Valparaiso ist keine Stadt, in die man sich auf den ersten Blick verliebt. Sie hat keine großen Bauwerke oder Sehenswürdigkeiten, wirkt chaotisch, oftmals auch dreckig und auf manche Hügel sollte man sich nicht  begeben. Valparaiso ist viel mehr als Ganzes eine Sehenswürdigkeit, ein großes Kunstwerk. Voraussetzung aber ist, dass man Graffitis mag.

Valparaiso  ist eine Stadt, die zu Fuß entdeckt werden  muss und für die man viel Zeit braucht. Die haben wir uns hier genommen. 

 

Von der Stadt am Meer geht´s für uns weiter in die Hauptstadt Chiles - nach Santiago de Chile.

Kommentare: 0