Unser nächstes Ziel ist Arequipa im Süden von Peru und etwa 560 km von La Paz entfernt. Doch das bedeutet aber auch rund 14 Stunden Busfahrt. Die Strassenverhältnisse sind nicht vergleichbar mit Deutschland. Es dauert eine Ewigkeit, ehe man durch die kleinen Orte durchkommt. Hinzu kommen die Grenzkontrollen von beiden Ländern und zahlreiche Bergpässe mit Haarnadelkurven, die zu bewältigen sind. Wir entscheiden uns daher, einen Zwischenstopp in Puno einzulegen. Die Ausreise aus Bolivien geht zügig, die Einreise nach Peru dauert - es scheint gerade Mittagspause zu sein, aber irgendwann gibt es dann doch den Einreisestempel, mit dem Gepäck geht’s wieder zurück in den Bus und wir erreichen nach sieben Stunden die Stadt Puno am Titicacasee.
Titicacasee
Der Titicacasee liegt auf 3.808 m über dem Meeresspiegel und ist der höchst gelegene, schiffbare See der Welt. Heute ist der Titicacasee mit seinen fast 8600 km² noch immer der zweitgrößte See Südamerikas – etwa 3400 km² davon gehören zu Bolivien, der Rest zu Peru.
Der Titicacasee gilt als der Götterhimmel für verschiedene Kulturen. Einer Legende nach wurde der erste Inka vom Sonnengott Inti auf die Sonneninsel Isla del Sol , der größten Insel im See, geschickt. Auf den kleinen und großen Inseln finden sich fast überall noch Überbleibsel der Kulturen.
Puno - die Hauptstadt der Folklore
Puno hat rund 130.000 Einwohner und liegt im Südosten von Peru am Titicacasee. Die Stadt gilt als die folkloristische Hauptstadt Südamerikas. Davon konnten wir uns bei unserem Besuch überzeugen, denn es fand gerade das wichtigste Ereignisse des Jahres, das Festival "Virgen de la Candelaria" statt, eine beeindruckende Darstellung von kolonialer und religiöser Tradition mit tief verwurzelten Bräuchen und der Verehrung der Jungfrau. Sechs Stunden dauerte die Parade und fast hatte man den Eindruck, die Gruppen tanzten wie im Trance. Man erzählte uns, dass die Festlichkeiten insgesamt vierzehn Tage andauern und über 40.000 Tänzer und 200 Musikgruppen dabei sind. Schon alleine die Farben der einzelnen Trachten und die Details auf den Kostümen waren für uns sehr beeindruckend und zeigten die Vielfalt der indigenen Völker und deren Traditionen. Die Feierlichkeiten endeten - wie überall - mit viel Alkohol und manch einer musste wohl nach Hause getragen werden.
Am nächsten Tag geht es weitere sieben Stunden mit dem Bus nach Arequipa. Landschaftlich schön anzusehen, doch manchmal durchquerten wir Orte, die uns an alte Westernfilme erinnerten. Lediglich die Autos störten dieses Bild.
Wo liegt Arequipa?
Am Nachmittag erreichen wir unser Ziel. Arequipa ist die zweitgrößte Stadt mit 1,5 Millionen Einwohnern, liegt im Süden Perus auf 2300 m Höhe und ist umgeben von drei Vulkanen. Im Norden präsentiert der 6.075 m hohe Nevado Chachani seine drei tief verschneiten Gipfel. Im Osten wirkt der 5.571 m hohe Pichu Pichu mit seinen sieben Gipfeln wie eine breite Mauer. Und zwischen diesen beiden Bergen thront das Wahrzeichen der Stadt, der 5.822m hohe, noch aktive Vulkan El Misti.
Sehenswertes in Arequipa
Das historische Zentrum von Arequipa
Die Stadt ist berühmt für seine verzierten weißen Gebäude, die ihr den Namen „Ciudad Blanca” verleihen. Die weiße Farbe kommt vom Tuffstein, einem Vulkangestein, das in der Region Arequipa weit verbreitet. Aber es ist nicht nur das weiße Gestein, sondern vor allem der Umstand, dass früher das Zentrum alleine den Weißen vorbehalten war. Das Historische Zentrum von Arequipa wurde 2001 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
Das Zentrum Arequipas bildet, wie überall in Peru, die gepflegte Plaza de Armas. Hier bekommt man einen ersten Eindruck über die Bewohner der Stadt. Zu jeder Uhrzeit ist hier viel los. Die Familien treffen sich dort, suchen den Schatten unter Palmen. Die Großeltern lesen die Zeitung und lassen sich von einem der vielen Schuhputzer ihre Schuhe reinigen. Die Kinder bekommen Zuckerwatte und jagen die Tauben rund um den Platz. Und die Touristen werden von „fliegenden Händlern“ und Touranbietern belagert oder in eines der umliegenden Restaurants gelockt.
Basilica Catedral of Arequipa
Die Basilika, die die gesamte Nordseite auf dem Plaza de Armas einnimmt, ist nur wenige Stunden am Tag geöffnet. Morgens in der Früh und am späten Nachmittag eine Stunde. Warum das so ist,
erklärt sich uns nicht, zählt doch diese Kathedrale zu einer der Hautsehenswürdigkeiten der Stadt. Und man sollte meinen, die Kirche habe es dringend nötig, ihre Schäfchen bei sich zu
halten bzw. wieder zu sich zu holen. Das ist auch in Südamerika nicht anders. Vielfach fanden Messen statt, bei denen gerade mal eine Handvoll Menschen anwesend waren.
Ungeachtet des Glaubens sind aber Kirchen meist fantastische Bauwerke und für uns immer wieder sehenswert. So auch diese Kathedrale mit einer der größten Orgeln Südamerikas. Der Organist gab dann
auch eine Probe seines Könnens. Überhaupt scheint es in Arequipa viele Musiker zu geben. Ein ganzer Straßenzug ist voll mit Geschäften, in denen Musikinstrumente verkauft werden.
Mercado San Camillo
Märkte üben eine besondere Faszination aus und an jedem Ort besuchen wir den Markt, so auch hier in Arequipa, wo der Mercado San Camilo alles für das leibliche Wohl anbietet. Die Verkäufer von den Essen- und Obstständen buhlen um jeden Gast und bieten lautstark ihre Speisen an. Frischer und günstiger kann man nirgends einkaufen. Es erstaunt uns aber immer wieder, dass es immer noch Arten von Obst und Gemüse gibt, die wir vorher noch nie gesehen haben. Peru ist das Land der Kartoffeln- es gibt über 4.000 verschiedene Arten.
Convento La Recoleta
Ein Spaziergang führt uns zum Convento La Recoleta, einer Klosteranlage aus dem Jahr 1647, erbaut von den Franziskanern.
Einen Ticketschalter gibt es nicht. Wer rein möchte, muss an der Pforte klingeln und ist man drin, hat man die Klosteranlage für sich. Irgendwo findet sich in den Räumlichkeiten ein Lichtschalter
und dann findet man sogar mehrere Ausstellungen: das Amazonasmuseum mit zahlreichen ausgestopften Tieren und indianischen Artefakten aus dem Regenwald, eine archäologische Sammlung und das Museo
de Arte Religioso mit wertvollen Gemälden.
Ein Highlight ist aber die Bibliothek mit über 20.000 Büchern. Die ältesten Bücher stammen aus dem 16. Jahrhundert und das sieht man ihnen auch an. Bevor der Buchdruck nach Peru kam, wurden Bücher aus ganz Europa über Sevilla durch die Karibik nach Cartagena verschifft und weiter über Land nach Panama. Danach ging es wieder per Schiff über den Pazifik nach Lima und mit Eseln und Pferden nach Arequipa.
Hat man seinen Rundgang beendet, wird die Klosterpforte aufgeschlossen und man kann wieder in die „normale“ Welt einsteigen.
Monasterio de Santa Catalina
Große Teile des kolonialen Arequipa sind hinter imposanten Mauern versteckt - in der Klosterwelt des Monasterio de Santa Catalina.
Das Santa Catalina Kloster wurde 1579 von den Dominikanern gegründet, in das Nonnen verschiedenster Abstammungen eintreten sollten. Aufgrund der starken Nachfrage von spanischen, wohlhabenden Familien, die ihre Töchter im Kloster unterbringen wollten, wuchs die Klosteranlage auf staatliche 20.000 Quadratmeter an. Das Kloster ist eine Stadt in der Stadt.
Über fast vier Jahrhunderte führten in dieser Klosterstadt die Novizinnen und Nonnen ein spartanisches Leben abseits des Westens . Um nicht den Verlockungen der Stadt zu erlegen, wurden immer höhere Mauern errichtet und die damals rund 500 Nonnen und ebenso viele Bediensteten hatten keinen Kontakt mehr zur Außenwelt. Eine Rückkehr in ihr Zuhause war nicht mehr möglich.Bis ins Jahr 1970 war das Kloster noch hermetisch von der Außenwelt abgeschnitten.Mittlerweile ist das Kloster für die Öffentlichkeit zugänglich.
Es ist das größte Kloster, das wir je besucht haben und absolut beeindruckend. Die Klosteranlage unterscheidet sich schon alleine durch die Farbgebung der Blau- und verschiedenen Rot- und Terrakotta-Tönen, den verwinkelten Gassen und den Räumlichkeiten sehr von anderen Klöstern und erinnert doch sehr an Andalusien. Dienstags und Donnerstag ist das Kloster bis 20.00 Uhr geöffnet. Am frühen Abend, bevor die Sonne untergeht, herrscht im Kloster eine besondere Stimmung, denn die Nonnen beleuchten den Rundweg mit Kerzen.
Arequipa ist eine Stadt zum Verweilen und Genießen. So gelangt man durch Torbögen weiter in Innenhöfe, die mit schönen Cafés einen Pause fordern. Im Schatten der Sonne ist ein Café con Leche ein Muss und man hat hier Gelegenheit, den Einheimischen bei ihren Gesprächen zu lauschen.
Wir genießen die Tage in „unserer“ Wohnung mit Dachterrasse, lassen uns bei angenehmen Temperaturen durch die Stadt treiben, beobachten Einheimische und Touristen, bevor es dann für uns weiter in das 560 Kilometer entfernte Cusco geht. Wir wollen das Reich der Inkas erkunden.
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